Grauvieh - Liebling von Dichtern und Denkern

 

Nicht nur römische Schriftsteller und Historiker wie Tactinus, Pinius und Strabo erwähnten bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. die hohe Milchleistung des Alpviehs, auch Hermann Hesse war von Bergkulissen mit den grauen Alpkühen fasziniert:

«Ich sah die blaugrüne glatte Seebreite, mit kleinen Lichtern durchwirkt in der Sonne liegen und im dichten Kranz um sie die jähen Berge, und in ihren höchsten Ritzen die blanken Schneescharten und kleinen, winzigen Wasserfälle, und an ihrem Fuss die schrägen, lichten Matten mit Obstbäumen, Hütten und grauen Alpkühen besetzt.»

(Aus Hermann Hesses Peter Camenzind, 1902/1903)

 

Grauvieh anno domini - im Wandel der Geschichte

Zur Zeit der Völkerwanderung durchmischte sich das im Alpenbogen Italien-Österreich-Schweiz heimische Grauvieh mit dem Vieh der sich ansiedelnden Alemannen. Aus diesen Kreuzungen entwickelten sich verschiedene Schläge, welche sich Ende des 19. Jahrhunderts in die Rassen Braunvieh und Grauvieh aufteilten. Die grauen, kleinrahmigen Tiere galten als gute Dreinutzungstypen (Arbeit, Milch und Fleisch). In der Schweiz ging das Grauvieh in den 1920 Jahren nach und nach in die Braunviehpopulation über. Um eine Ansiedelung wieder in Gang zu bringen, mussten Tiere aus dem Tirol, wo diese Rasse überlebte, importiert werden.

 

Grauvieh in den 80er-Jahren - Ansiedlung in der Schweiz

Der ursprüngliche, kleine und leichte Schweizer Albulaschlag, konnte dank Mithilfe von Pro Specie Rara 1985 wieder in unserem Land angesiedelt werden und läuft heute unter dem Namen «Rätisches Grauvieh» (Widerrist Kühe 116 – 123 cm; Stiere 120 – 128 cm). Das etwas grössere und schwerere «Tiroler Grauvieh» (Widerrist Kühe 115 – 135 cm; Stiere 120 cm – 140 cm) wurde in den 1980er-Jahren vermehrt vom Tirol in die Schweiz importiert, wo es für die Milch- und für die Fleischproduktion einen Aufschwung erlebte. Insbesondere Letzterem wurde durch die Gründung von Mutterkuh Schweiz 1977 Vorschub gegeben.

 

Grauvieh heute - Zweinutzenrasse für Fleisch und Milch

Die mittelrahmige, trittsichere Grauviehkuh ist gewohnt, in steilem Gelände zu grasen und sie ist ein optimaler Verwerter von gut strukturiertem Raufutter aus extensiven Weiden. Die problemlose Haltung, die Leichtkalbigkeit und ihre gute Muttereigenschaften sowie ihr ruhiger Charakter machen sie trotz Freilaufhaltung zu einem langlebigen Rind.

Dank ihrer beträchtlichen und gehaltvollen Milchleistung sowie ihrer guten Bemuskelung bringt die Grauviehkuh ideale Voraussetzungen für die Fleischproduktion: die frühreifen Kälber eignen sich bestens für Labels wie Natura-Veal (5 Monate), Natura-Beef (10 Monate), aber auch zur Remontierung in der Grossviehmast (SwissPrimBeef). Die Fleischkörper weisen eine hohe Ausbeute aus. Der Fleischqualität werden beste Schmackhaftigkeit, eine feine und zarte Struktur sowie eine regelmässige Marmorierung attestiert.

Aufgrund des Milchreichtums, der Fruchtbarkeit und der guten Futterverwertung eignet sich die Rasse auch zur Milchproduktion.